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© Ulrike Jakubek 2006–2012

Aktualisiert: 30.08.2012

Ulrike Jakubek: Entdeckungen

Wie entsteht ein Bild? Es entsteht nicht eigentlich, es ist schon da – es will einfach entdeckt werden. Unscheinbar, vielleicht sogar hässlich mag zunächst erscheinen, wonach ich suche. Motive, die sich in der Fülle des Alltäglichen verstecken.

Kunst beginnt als Entdeckungsreise. Der Künstler braucht nichts als den offenen Blick für das, was ihm begegnet. Die Begegnung bahnt sich unauffällig an, in einer neutralen, scheinbar gewöhnlichen Umgebung aus lauter einfachen Dingen. Nicht selten hat die Struktur das erste Wort, oder die Farbe. Besonders die gebrochene Farbe, die Spuren der Vergangenheit trägt und ihre „Lebensgeschichte” erzählt.

Eine metallische Fläche tut sich hervor, eine rostrote Wölbung mit schwarzem Kratzer. Ein fahles, blätterndes Blaugrün in einer Nachbarschaft aus leisem, schrundigem Grau. Abgelöst von jeglicher Funktion, wartet es noch auf Bedeutung und Interpretation.

Die Kreativität? Sie liegt darin, das Gefundene sprechen zu lassen, es aus dem Stimmengewirr zu isolieren. Etwas Neues zu schaffen durch den fotografischen Ausschnitt: das eigentliche Bild herauszuschneiden aus dem, was es umgibt und verdeckt.

Dieser Blick, dieser Augenblick der Konzentration ist für mich das Wesentliche. Denn in der Begegnung geschieht das Entscheidende: Weite Landschaft verwandelt sich in eine Komposition aus grafischen Elementen, ein rostiges Schild wird zum abstrakten Acker, oder ein Baumstamm erwacht, kaum spürbar, als fabelhaftes Tier. Oft wird ein Detail zum entscheidenden Auslöser. Verfremdung kann diesen Prozess verstärken – manchmal einfach durch eine Drehung, durch große Nähe, durch Weglassen. Die Arbeit besteht darin, einen Moment lang die Sehgewohnheiten aufzubrechen.

In diesem Moment entsteht das ganze Bild: festgehalten ohne jede Inszenierung, spezielle Optik oder Materialien. Merkmale technischer Perfektion wie Schärfe spielen eine untergeordnete Rolle. Die Optik ist das Bild selbst, und wenn es gefunden ist, spricht es für sich. Danach geschieht nichts mehr, kein „künstlerischer” Eingriff, keine technische Aufbereitung, kein weiterer Schnitt. Der Abzug dokumentiert den Augenblick der Begegnung mit dem visuellen Objekt – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Ein Bild darf den Betrachter nicht einengen, so wenig wie sein Titel. Es trägt Bedeutungsmöglichkeiten in sich und wartet darauf, erschlossen, entdeckt zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Betrachter sich auf den Prozess der Abstraktion einlässt – auf die Chancen, die in der Vieldeutigkeit liegen. Bilder deuten heißt nicht fragen, wo sie „eigentlich” herkommen, sondern wohin sie uns führen.

Die Größe des realen Objekts ist gleichgültig. Am Ende zählt nur, was ich aus ihm abstrahieren kann: seine Essenz. Oder besser die Schichten, die sich freilegen lassen. Das entstandene Bild ist in gewisser Weise absolut, losgelöst, und genau deshalb öffnet es sich dem Betrachter, der darauf zugeht. Durch die neue Vielschichtigkeit kann aus dem Bild eine Schönheit sprechen, die im Objekt noch verschlossen war.

© Ulrike Jakubek


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